Grün.Links.Denken

Rückblick auf die BDK in Hannover 2012

Aus meiner Sicht war die BDK am vergangenen Wochenende für uns Grüne und für uns Grün.Links.Denkende ein klarer Erfolg. Sowohl die inhaltlichen Beschlüsse als auch die Besetzung der Parteigremien stärken Bündnis 90/Die Grünen. Und sie stärken die so genannten linken Themen wie auch ihre Vertreterinnen und Vertreter.

Unstrittig dürfte sein, dass unsere Partei ein stärkeres sozialpolitisches Profil gewinnt. Der Beschluss zur Anhebung des Hartz-IV-Satzes von 374 auf 420 EUR ist aus grün-linker Sicht zwar nicht optimal aber realistisch. Das gilt aus meiner Sicht auch für den Einstieg in die Kindergrundsicherung und das Moratorium für die Sanktionen im SGB II. Und sie sind vor allem eine erfreuliche Weiterentwicklung gegenüber der bisherigen Grünen-Beschlusslage. Die Initiativen zum Umbau der Sozialversicherung, zur noch stärkeren Anhebung des Hartz-IV-Satzes, für die Abschaffung der Sanktionen im SGB II und zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 53 Prozent beweisen, dass linke Grüne mit offenem Visier ihre Forderungen einbringen und teilweise durchsetzen konnten. Die gefundenen Beschlüsse auf der BDK verorte ich daher im Spektrum „gemäßigt links“. Sie sind ein Fortschritt im Vergleich zu früheren Jahren als wir vor allem damit beschäftigt waren Rückschritte zu verhindern.

Wir Grünen haben auf dieser BDK zum Endlager Gorleben die aus meiner Sicht bislang deutlichste Absage formuliert. Aus formalen Gründen konnten wir den Standort Gorleben nicht gänzlich ausschließen. Aber unsere bisherige Politik ergibt in der Zusammenschau – Gorleben nicht mit uns.

Sehr gefreut hat mich auch, dass wir zu Europafragen die einzige Partei im Bundestag ist, die unmissverständlich und konsistent agiert. Wir Grünen haben flügelübergreifend einen klaren Konsens pro Europa. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Parteien, auch wenn wir kontroverse Debatten zum Umgang mit dem Fiskalpakt hatten.

Ein Meilenstein grüner Friedenspolitik ist der Antrag zur Außenpolitik, der mit ganz breiter Mehrheit beschlossen werden konnte. Er führt die Positionen der Grundsatzdebatte zusammen, die wir seit 1992 mit harten Zerreißproben immer wieder geführt haben.

Ein überzeugendes Ergebnis konnten die wiedergewählten Bundesvorsitzenden erzielen. Ich freue mich insbesondere über das Ergebnis  von Claudia Roth, die sich durch die vorhergehende Urwahl nicht entmutigen ließ. Auch die Wahlen zum Bundesvorstand und Parteirat begrüße ich, denn durchweg überzeugende Kandidaten haben das Vertrauen der Delegierten erhalten. Das war in den vorangegangenen BDKen nicht immer eine Selbstverständlichkeit. Der linke Flügel ist mit acht Mitstreiterinnen und Mitstreitern nach dieser Wahl stark wie nie zuvor im Parteirat vertreten.

Ein schwarz-grünes Signal lässt sich aus der Urwahl und der BDK nicht ableiten. In den Ergebnissen unserer Wahlen sehe ich nach vielen Gesprächen mit MitstreiterInnen an der Basis immer wieder den Wunsch nach personeller Erneuerung. Die Wahl von Gesine Agena, Annalena Baerbock und Rasmus Andresen zeigt, dass die Verjüngung begonnen hat. Die drei werden dem Parteirat ein junges Profil und  neue Impulse geben. Schade allerdings, dass Daniel Köbler nicht gewählt wurde.

 Fazit: Ich sehe zwar keinen „Linksruck“, aber eine klare Fortsetzung des Trends der vergangenen Jahre – Wir Grünen widmen uns verstärkt „linken“ und Sozialthemen. Auf dem vorletzten Parteitag waren dies Beschlüsse zu Mindestlohn, Spitzensteuersatz und Vermögensabgabe. Mit dem Parteitag haben wir den Trend fortgesetzt. Das ist gut so und unser gemeinsamer Erfolg.

5 Kommentare

  1. Liebe GrünlinksdenkerInnen
    Zitat Toni: “Wir Grünen haben auf dieser BDK zum Endlager Gorleben die aus meiner Sicht bislang deutlichste Absage formuliert. Aus formalen Gründen konnten wir den Standort Gorleben nicht gänzlich ausschließen. Aber unsere bisherige Politik ergibt in der Zusammenschau – Gorleben nicht mit uns.
    Hmmmm …. schön, dass Toni das so sieht, noch schöner wäre eine kräftige Unterstützung der Grünlinken bei den extrem zähen und nervenaufreibenden, 6-stuendigen Verhandlungen um eben genau diese "bislang deutlichste Absage an Gorleben" gewesen. Interessant, wer NICHT bei diesen Verhandlungen dabei war von gruenlinksdenkender Seite … Da stand ich allerdings mit Tobias Balke und Miriam Staude lange sehr einsam und allein, bis dann dankenswerterweise einige weitere Niedersachsen "deutlich" wurden, allen voran Rebecca Harms. Besten Dank an dieser Stelle an alle für die Unterstützung.
    Herzliche Grüße
    Karl-W.

  2. Was aus linker Sicht halt eindeutig nicht erfolgreich war, ist die Abstimmung am Punkt "Sanktionen im SGB II". Da müssen wir noch dran arbeiten. Hier finde ich auch weniger die Frage Moratiriom vs. Sofortabschaffung das Problem. Das Moratorium an sich kann ich ganz gut vertreten, weniger aber den Absatz, der im Anschluss daran noch reingerutscht ist. Dieses Menschenbild, nach dem negative Sanktionen irgendwas bewirken könnten, war mir da zu weit verbreitet. Zumindest kam im Beitrag von Tarek und im Tweet von Dieter eine gewisse Überheblichkeit gegenüber den Betroffenen zum Ausdruck, von der ich an sich gedacht hatte, wir hätten das überwunden.

    Die Sanktionspraxis und die Realität in den Jobcentern einschließlich der Neigung zum rechtswidrigen handeln ist zuwenig im grünen Bewusstsein verankert. Natürlich ist in Süddeutschland Armut und Langzeitarbeitslosigkeit nicht das Massenphänomen wie etwa im Nordosten. Da hilft also nur, die regionalen Disparitäten gegenseitig besser kennenzulernen.

    Mit allem anderen kann ich aber gut leben. Die Position zum Regelsatz werte ich durchaus als Erfolg, da sie doch weitergeht als das, was die Fraktion ursprünglich wollte. Und bei der Verteilungsgerechtigkeit wird es endlich mal konkret.

    Auch für ein linkes Profil spricht, dass im  V-Antragsranking das Thema Asyl "gewonnen" hat.

  3. Ich denke der Beschluss zum Kohleausstieg 2030 und die Aufzählung unserer wichtigsten Instrumente dafür ist – zwar mit Blick auf die bestehende Beschlusslage nicht revolutionär – zusätzlich zu den genannten Errungenschaften aber erwähnenswert. Der Kohleausstieg ist eine der Hauptfronten im Kampf für eine sozial-ökologische Transformation und bringt uns in direkte "Gegnerschaft" zur SPD. Das ist gut, weil wir diese Reibung für einen effektiven Wahlkampf, die Mobilisierung und das, was ab Okt.2013 kommen sollte, auch brauchen.

    Liebe Grüße!

    🙂 g

  4. Hierzu ein paar vll. nicht so optimistische gedanken von mit:

     

    Die Zukunft der Grünen – Mehr Punk und weniger Volksmusik

    zaghaft werden Beschlüsse gefasst, immer mit einem verstohlenen Blick auf die vermeintliche Mitte der Gesellschaft und mit dem eingeimpften Zwang der Machbarkeit. Was bleibt ist eine Partei, die hinter ihrem Potenzial bleibt und sich mit dem Gedanken tröstet im nächsten Jahr hoffentlich vieles ändern zu können……

    http://wp.me/p2yF8o-2o

  5. Lieber Karl-Wilhelm, 

    erstmal danke für deinen Einsatz. Auch Tobias Balke sei hier ausdrücklich gedankt.
    Aber neben euch und den von dir benannten haben noch einige andere hier mit an den Formulierungen gefeilscht:
    Auch Anja Piel, Stefan Wenzel, Astrid Schneider, Sylvia Kotting-Uhl, Georg Koessler, Arndt Grewer, Doro Steiner und ich haben hier mitgestritten. Alle gemeinsam haben den Buvo in den Tagen vor und während der BDK immer wieder darauf hingewiesen, dass der Antrag so nicht unterstützt wird. Dadurch haben wir eine gute Verhandlungsbasis für die Änderungen bekommen. Auch wenn wir lieber Gorleben raus reingestimmt haben würden, ist das, was wir erreicht haben, auf einem guten Weg.
    Ich gehe davon aus, dass sich die grünen VerhandlerInnen in der Bund-Länderrunde an den grünen Beschluss gebunden fühlen, sonst werden wir für den Sonderparteitag entsprechende Gegenanträge formulieren und da ist dann die Stimmung eine gute, hier Mehrheiten für unsere Position zu mobilisieren.
    Nicht der Toni war da, aber ich war für grün.links.denken da. Arbeitsteilung war angesagt an diesem Parteitagswochenende. Wenn Toni den Erfolg der Verhandlungen  der grünen Linken zuschreibt, dann weil er uns alle dazu zählt.
    Mit bewegten grünen Grüßen,

    Martina Lammers