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Von Schweden lernen – humanitäre Flüchtlingspolitik umsetzen – SyrerInnen dauerhaft aufnehmen

Wir erleben gerade eines der größten Flüchtlingsdramen der letzten Jahre. Millionen von Menschen flüchten aus dem vom Bürgerkrieg zerstörten und zutiefst gespaltenen Syrien, weitere Millionen sind im Land selbst auf der Flucht. Fast die Hälfte davon sind Kinder und Jugendliche. In Europa taucht davon gerade einmal die sinnbildliche Spitze des Eisbergs auf. Machen wir uns nichts vor: Nur wenigen Tausend Flüchtlingen aus Syrien gelingt es, durchs sinnbildliche Nadelöhr der Festung Europa zu gelangen.

Besonders die Nachbarstaaten Syriens sind derzeit völlig überfordert mit den Flüchtlingsströmen – die Folge ist eine humanitäre Katastrophe schier unermesslichen Ausmaßes.

Die Regierung Merkel übt sich in dieser Frage – positiv formuliert – in absoluter Zurückhaltung. Man könnte und sollte es vielleicht eher als das bezeichnen was es ist: Komplettes Desinteresse und Ignoranz im Umgang mit Menschen jenseits des beschränkten nationalen Blickfeldes. So ist es doch geradezu zynisch, dass angesichts der Millionen von syrischen Flüchtlingen die schwarz-gelb regierte Bundesrepublik gerade einmal 5.000 Syrerinnen und Syrer im Rahmen des Resettlement-Programms aufnehmen will. Am liebsten Christinnen und Christen, war zu vernehmen. Mit derartigen Aussagen werden zusätzlich Ressentiments geschürt und zudem Flüchtlinge auf schier unerträgliche Art und Weise gegeneinander ausgespielt.

Die ersten der 5000 SyrerInnen mit der begehrten Einlasskarte nach Deutschland sind nunmehr bei uns angekommen. Einzelne Bundesländer wie Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben zusätzliche Verordnungen erlassen, um einen unkomplizierten Nachzug von Familienangehörigen zu ermöglichen – allerdings nur dann, wenn diese selbst füreinander sorgen. Geld bestimmt auch hier über Humanität. Unfassbar könnte man meinen, angesichts der dramatischen Bilder, die uns tagtäglich aus Syrien und den Nachbarländern ereilen.

In Thüringen wird nächste Woche ein grün-linker Antrag verhandelt, der diese Logik durchbrechen will, um tatsächlich humanitäre Hilfe zu leisten und Familienzusammenhalt nicht am Geldbeutel zu bemessen. Auf die Debatten dazu sind wir gespannt. Sind es doch bislang genau 140 SyrerInnen, die in den nächsten Wochen in Thüringen aus dem 5000er Kontingent für Deutschland erwartet werden.

Und doch: Es geht auch noch ganz anders. Schweden hat angekündigt, allen syrischen Flüchtlingen in Schweden eine unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis auszustellen. Direkt davon betroffen sind aktuell rund 8.000 Syrerinnen und Syrer, die sich bereits in Schweden befinden. Die Regelung gilt aber auch für alle, die jetzt noch den schwierigen Weg nach Schweden finden. Daran sieht man: Eine andere Flüchtlingspolitik ist möglich. Die unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis eröffnet nicht nur den Zugang zu Sozialleistungen, sondern auch zum Arbeitsmarkt. Rechnet man die Anzahl der in Schweden hinzu gekommenen neuen BürgerInnen einmal auf Deutschland hoch, müssten wir, wollten wir uns ähnlich verhalten, 70.000 SyrerInnen bei uns willkommen heißen und mit einem Aufenthaltsrecht versehen.

Warum tun wir das nicht einfach? Es ist selbstverständlich einzig und allein eine Frage des politischen Willens. Und wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

Wir sollten an dieser Stelle von Schweden lernen. Es ist an der Zeit, den syrischen Flüchtlingen in Deutschland das Signal zu senden: Ihr seid hier willkommen! Wir erkennen euer unglaubliches Leid an und wir sind bereit, dauerhaft zu helfen. Ihr seid gekommen und könnt bleiben. Ein solches Umdenken wäre zudem ein deutliches Signal gegen rassistische Ressentiments, gerne auch geschürt durch Merkels Innenminister Friedrich. Streiten wir doch endlich für eine humane, an den Menschenrechten orientierte Flüchtlingspolitik. Es wäre auch ein Zeichen an all diejenigen Flüchtlinge, die gerade in Angst und Schrecken versetzt wurden, durch die massiven und einschüchternden Proteste von RassistInnen und Neonazis gegen Flüchtlingsunterkünfte, sei es in Marzahn-Hellersdorf, in Duisburg oder anderswo.

Neben der konkreten Hilfe in Deutschland braucht es aber auch eine stärkere Solidarität mit den Nachbarstaaten Syriens. Sie sind diejenigen, die den unaufhörlichen Flüchtlingsstrom derzeit auffangen und damit allein gelassen werden. Hier muss auch Deutschland bereit sein, mehr Geld und Material sowie Personal für die Versorgung und die Unterstützung der Flüchtlinge in den Flüchtlingslagern zur Verfügung zu stellen. Sei es über direkte Hilfen oder über das UNHCR.

Und natürlich muss klar sein, es braucht endlich eine politische, eine diplomatische Lösung des Konflikts in Syrien. Solange der Bürgerkrieg in Syrien tobt, solange wird es auch kein Ende der humanitären Katastrophe für die Flüchtlinge geben.

GRÜN kann und muss es an dieser Stelle vormachen: Wir stehen ohne Wenn und Aber für eine menschenrechtsorientierte Flüchtlingspolitik und wir wollen, dass diese spätestens auch ab dem 22. September in Deutschland eine starke Lobby hat. Dafür lohnt es sich zu kämpfen.

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