Wir haben auf der BDK ein sehr ausgewogenes Programm beschlossen. Der Vorwurf, es sei radikal links ist dabei allerdings schlichter Blödsinn. Unser Programm setzt auf Umverteilung und Gerechtigkeit. Das ist auch gut so. Doch wenn das schon radikal ist, sagt das mehr über den Zeitgeist aus als über unser Programm. Ein Beispiel: Den Spitzensteuersatz auf 49 Prozent zu erhöhen, ist nicht radikal. Zur Regierungszeit von Helmut Kohl lag er bei 53 Prozent. Wir sollten deshalb nicht dem Irrtum erliegen, ein grünes, gemäßigt linkes Programm selbst umzuetikettieren in ein radikal-linkes, denn radikal links ist sicher etwas anderes.
Durch die mediale Vorbereitung und Begleitung des Parteitags, scheint bei einigen der Eindruck entstanden zu sein, es hätte einen Durchmarsch des linken Flügels gegeben. Auch wenn wir mit den Beschlüssen und Kompromissen aus grün-linker Sicht sicher zufrieden sein können ist es ein gemeinsames Programm. Die Beschlüsse in diesem Bereich wurden alle mit übergroßer Mehrheit oder sogar einstimmig gefasst.
Wir wollen eine Vermögensabgabe zur Reduzierung der Staatsverschuldung, die danach in eine Vermögenssteuer überführt werden soll. Dieses Geld ist bitter nötig, denn Bund, Länder und Kommunen brauchen finanzielle Mittel, um ein funktionierendes Gemeinwesen zu erhalten und zu stärken., Die weiteren steuerpolitischen Vorhaben entlasten alle Menschen mit weniger als 60 000 Euro Jahreseinkommen, während Millionäre mehr zahlen müssen. Aus grün-linker Sicht können wir festhalten, dass die von Jürgen Trittin wesentlich mit geprägte Strategie unsere Änderungsvorschläge für die nächste Legislaturperiode sauber finanziell durchzurechnen und gegenzufinanzieren und frühzeitig möglichst viele Beteiligte in Partei und Fraktionen einzubinden sehr erfolgreich war. Für die Details hat Sven Giegold einen Beitrag auf diesem Blog veröffentlicht.
Aber auch jenseits der Finanz- und Haushaltspolitik haben wir aus grün-linker Sicht eine sehr erfolgreiche BDK erlebt. Eine deutliche Mehrheit fand die Aussage im Wahlprogramm, uns auf ein Bündnis mit der SPD nach der Wahl festzulegen. Der Änderungsantrag, der dieses Bekenntnis streichen wollte, wurde abgelehnt. Denn den meisten ist wohl inzwischen klar, dass weitere mediale Spekulationen über eine mögliche schwarz-grüne Koalition uns und dem Wahlziel schaden.
Dazu haben sicher die herausragenden Reden von Claudia Roth und Sigmar Gabriel beigetragen, die noch einmal verdeutlicht haben, dass unser gemeinsames Ziel nicht ein Regierungs- sondern ein Politikwechsel ist. An diese Strategie halten sich nun auch hoffentlich alle und stellen die nervigen Schwarz-Grün-Spekulationen ein.
Dass wir für eine Regierungskoalition aus SPD und Grünen streiten, heißt nicht, dass wir identische Programme haben. So hat die BDK am Freitagabend beschlossen, ein Schlüsselprojekt ins Wahlprogramm aufzunehmen, dass den Kohleausstieg bis 2030 vorsieht. Außerdem haben wir in einer sehr knappen Abstimmung beschlossen, den Einsatz von V-Leuten zu verbieten. Dass Thomas Oppermann sofort per Twitter bekannt gibt, dass es das mit der SPD nicht geben werde, zeigt: Es gibt zum Beispiel auch im BürgerInnenrechts-Bereich große Unterschiede. Dies sind gute Beispiele für eine selbstbewusste, diskussionsfreudige Partei und zeigen: Eigenständig ist, wer eigenständig handelt und nicht ständig darüber redet.
Neben diesen Anträgen, die sicher diejenigen waren, die am meisten Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, wurden noch viele andere Fragen, teilweise kontrovers, abgestimmt. Dazu gehören der Antrag aus Tübingen, die Mineralölsteuersubventionen für die chemische Industrie aufrecht zu erhalten, Anträge der Grünen Jugend, Frontex abzuschaffen, Rüstungsexporte zu verbieten oder einen ticketlosen ÖPNV zu schaffen, sowie vieles andere. Die spannendste Diskussion am Sonntag war sicher die Frage, welche Position wir zum Endlagersuchgesetz einnehmen. Nach einer wichtigen und leidenschaftlichen Debatte hat sich die Mehrheit dafür entschlossen, Gorleben nicht von vornherein aus dem Verfahren auszuschließen, obwohl wir alle wissen, dass Gorleben für die Lagerung radioaktiven Mülls nicht geeignet ist.
Insgesamt können wir aus linker Sicht sehr zufrieden mit dem Programm sein. Einen Anteil daran hatten sicherlich auch die vielen Diskussion die wir bei Grün.Links.Denken offline und online geführt haben.
Herzlichen Dank an alle die dabei mitgemacht haben! Jetzt geht es weiter mit einen spannenden, engagierten Wahlkampf und für ein Programm, das diesen Einsatz wert ist!