Es reicht angeblich für Rot-Grün nicht. Fast im Wochen-Takt lesen wir in Interviews, Blog-Beiträgen oder in diversen Artikeln untersetzt mit Zitaten aus Grünen Kreisen davon. Stattdessen wird Schwarz-Grün als Machtoption wie saures Bier angeboten. Diese Debatte ist erstens wahlkampfschädigend, zweitens feige und drittens unnötig. Und abgesehen davon nervt sie.
Sie ist wahlkampfschädigend, weil wir wissen, dass unsere Wählerinnen und Wähler keine Lust haben, mit einem Kreuz für Grün indirekt auch eine Schwarz-grüne Koalition zu wählen. Die letzte Wählerpotential-Analyse hat das deutlich gezeigt. Über 50 Prozent unserer potenziellen WählerInnen wollen uns nicht mehr wählen, wenn wir uns auf eine schwarz-grüne Koalition einlassen würden. Darum sollten wir aufhören, eine solche Koalitionsoption selbst in den Medien aufzublasen. Sie ist ein effektives Programm, um noch vor der Wahl unsere grünen Prozentpunkte dahin schmelzen zu lassen.
Wenn es darüber hinaus stimmt, dass auch die Schwarz-Grün-BefürworterInnen eine Rot-Grüne Koalition als Wunschoption sehen, dann sollten sie sich mal die Wahlumfragen von 1998 anschauen:
Auch vor der Bundestagswahl 1998 sah es lange nicht nach einer Mehrheit für Rot-Grün aus. Es hat am Ende gereicht, weil wir daran geglaubt und dafür gefightet haben. Darum sollten wir auch 2013 nicht ein halbes Jahr vor der Wahl unsere Chancen auf einen Rot-Grünen Regierungswechselschlecht reden. Den WählerInnen wird damit das Gefühl gegeben, Rot-Grün sei unmöglich. Dabei trennen uns wenige Prozentpunkte von einem Erfolg, wenn man den Umfragen glaubt. Und wer jetzt den Kopf in den Sand steckt, wird ihn auch in der heißen Wahlkampfphase nicht mehr zum Kämpfen hoch bekommen.
Die Debatte ist darüber hinaus feige. Wo ist denn der Antrag zum Wahlprogramm, der sagt, schwarz-grün muss möglich sein? Statt die Auseinandersetzung auf dem Parteitag zu suchen, wird lieber über Medien mitgeteilt, dass Schwarz-Grün aber möglich sein müsse. Der Änderungsantrag, der in der Präambel des Wahlprogramms einen Satz mit Bezug zur SPD streichen möchte, ist unsinnig und wird dazu verwendet, die schwarz-grün-Botschaft weiter zu streuen. Dann doch lieber ehrlich: Wer Schwarz-Grün will, soll das bitte beantragen, dann können wir es offen auf einem Parteitag diskutieren und müssen uns nicht weiterhin in Zeitungs- oder Blogartikeln darüber streiten. Doch dazu fehlt der Mut.
Die Debatte um Schwarz-Grün ist noch dazu unnötig. Wir sind uns einig eine jede mögliche grüne Regierungsbeteiligung an Inhalten festmachen. Und wer glaubt denn bitteschön, dass wir zusammen mit der CSU das Betreuungsgeld abschaffen, mit der CDU/CSU die Ehe für alle öffnen, die Optionspflicht abschaffen, eine Vermögensabgabe einführen, das Ehegattensplitting abschmelzen oder Rüstungsexporte begrenzen? Eine Koalition aus Grünen und CDU/CSU besitzt keine inhaltliche Grundlage und hätte darüber hinaus im Bundesrat genau Null-Stimmen. So lässt sich grüne Politik jedenfalls nicht gestalten.
Statt spekulative Koalitionsdebatten zu führen, sollten wir uns lieber auf unsere Inhalte und den Wahlkampf konzentrieren. Unsere Landesverbände haben es in Niedersachsen, NRW, Schleswig-Holstein und vielen anderen Ländern vorgemacht: Wer sich auf Inhalte konzentriert und entschlossen Wahlkämpfe für Rot-Grün führt, hat am Ende Erfolg. Diese ständigen Spekulationen über Schwarz-Grün nerven doch einfach nur.
26. April 2013 um 8:26
Bei aller Kritik an der CDU: die ALGII Sätze sind unter schwarz-gelb eindeutig stärker gewachsen als unter schwarz-rot.
Die ganze Koalitionsdebatte lenkt davon ab, dass es eben nicht sosehr auf den Koalitionspartner ankommt wie auf das eigene Profil und die Inhalte. Was die Inhalte angeht können einen sowohl SPD als auch CDU sehr sehr oft überraschen,
26. April 2013 um 10:41
Nun ja, ich finde die Debatte über Bündnisoptionen muss durchaus geführt werden, wenn man den eigenen Beschluss ernstnimmt anhand von inhaltlichen Argumenten zu entscheiden.
Das Grüne Parteiprogramm hat sich verändert. Das Programm der Union ebenfalls. Deshalb muss neu darüber diskutiert werden.
Ich komme dabei zum Schluss, dass sich die Union mit ihren großen Parteibeschlüssen wieder eher an ihrem Leipziger Programm orientiert (gesellschafts- und finanzpolitisch, auch sozialpolitisch bei Rente etc.). Vor allem auch die "Haltung" der CDU hat sich deutlich vom grünen Anspruch von Politikgestaltung entfernt.
Deshalb kann man eine Regierungskonstellation mit der Union ablehnen (für Herbst 2013). Nicht aber die Debatte. Die muss vor jeder Wahl neu geführt werden. Allerdings sollte sie ruhig und sachlich auf Parteitagen geführt werden und nicht in Form von irgendwelchen Seite 1 Artikeln….