Frage: Wir Grüne stehen für eine digitale Gesellschaft, die nicht ökonomische Verwertung oder staatliche Kontrolle, sondern Freiheit und Rechte der NutzerInnen in den Mittelpunkt stellt. Wie willst du im Bundestagswahlkampf netzpolitische Themen aufgreifen? Wie ist deine Vorstellung einer Reform des Urheberrechtes? Was sollten aus Deiner Sicht die drei wichtigsten grünen netzpolitischen Kernforderungen für den Wahlkampf 2013 sein?
Antwort:
Katrin Göring-Eckardt: Komplizierte Detailfragen des Urheberrechts lassen sich auf so knappem Raum natürlich nicht klären. Ich bin für eine Modernisierung des Urheberrechts, die einen fairen Ausgleich zwischen Urhebern, Verwertern und Nutzern schafft. Das Urheberrecht sollte auch ein Zeichen gegen jene "Alles Umsonst"-Mentalität setzen, die bei vielen Künstlerinnen und Autoren zurecht als Respektlosigkeit ankommt. Ich wünsche mir, dass das Netz noch viel stärker für politische Beteiligung genutzt wird und dafür, politische Entscheidungen für die Öffentlichkeit transparenter und einfacher zugänglich zu machen. Netzpolitische Prioritäten wären für mich folgende: 1. Zugang für alle statt digitale Elitenbildung! 2. Für digitale Bürgerrechte aller kämpfen („meine Daten gehören mir“)! Und 3. für demokratische Medienbildung für Kinder und Jugendliche. Gerade im Zeitalter von Shitstorms und Cybermobbing ist es wichtig, dass Kinder die ersten Schritte im Netz nicht alleine gehen.
Patrick Held: Die Antworten von Patrick Held sind nur als .pdf verfügbar. Hier geht es zu seinen Antworten.
Nico Hybbeneth: Ziel unserer Politik sollte es sein den freie Zugang im Netz zu Wissen und Kultur zu fördern. Es hat sich gezeigt, dass die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen einen massiven Eingriff in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger darstellt. Deshalb unterstütze ich die Idee der grünen Fairness-pauschale, nach welcher Filme, Musik und Texte legal heruntergeladen werden können. Im Gegenzug muss jeder mit Breitbandinternetanschluss eine Pauschale bezahlen, welche Künstlern und Autoren eine angemessene Bezahlung ermöglicht. Des weiteren setzte ich mich für eine Stärkung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ein. Meine Daten gehören mir und die Abfrage und die Möglichkeit herauszubekommen wer meine Daten wo gespeichert hat muss gestärkt werden, ebenso wie die Möglichkeit der Löschung meiner Daten. Wichtig ist weiterhin dass Breitbandinternetanschlüsse flächendeckend in Deutschland, besonders auch im ländlichen Raum verfügbar sind. Dies ermöglicht eine moderne gesellschaftliche Teilhabe überall.
Roger Kuchenreuther: Ziel unserer Netzpolitik: kostenfreies Internet für jeden Haushalt; grundsätzlich unzensiert und nur Schutz vor kriminellen, gewaltverherrlichenden und gefährdenden Inhalten gewährleistend,Versorgung netzgebunden wegen Funk-/Elektrosmogbelastung; Urheberrechte begrenzen auf 25 Jahre analog Patentschutz, danach Allgemeineigentum auch Musik, Kunstwerke, Bauentwürfe und Literatur; Vermarktung grundsätzlich nicht übers Internet sondern auf entsprechenden Ton-/Bildträgern als normale Handelsware; AGB-Gesetzgebung verschärfen für mehr Verbraucherrechte, keine Knebelverträge mehr, kürzere Kündigungsfristen und Kündigungbedingungen entsprechend Bestellung.
Das sollten die drei wichtigsten netzpolitischen Forderungen sein: Kostenfreier Internetzugang für jeden Haushalt über Netz, auch für zukünftige Abstimmungen; Urheberrecht ändern für offene Nutzung von letzlich auch von der Allgemeinheit geförderten Schöpfungen; AGB-Gestze verschärfen für mehr VerbraucherInnen-Schutz.
Renate Künast: Netzpolitik muss als Querschnittthema betrachtet werden. Es spielt in fast alle Bereiche unseres täglichen Lebens hinein. Meine Kernforderungen sind: Gerechter Zugang zu Wissen und Information, ein effektiver Datenschutz und ein ausgewogenes Urheberrecht.
Mit einer Reform des Urheberrechts muss endlich ein gerechter Interessenausgleich zwischen Urheberinnen und Urhebern sowie den Nutzerinnen und Nutzern geschafft werden. Das Ziel, einerseits die Bürgerinnen und Bürgern die Teilhabe an Wissen, Information und Kultur zu ermöglichen und andererseits die Urheberinnen und Urheber angemessen zu vergüten, stellt uns vor große Herausforderungen. Der Modernisierungsbedarf reicht vom Reformbedarf des Abmahnwesens über die Schutzfristen und das Urhebervertragsrecht bis hin zur Reform der Verwertungsgesellschaften und zur Prüfung von Pauschalvergütungsmodellen.
Alfred Mayer: Hierzu kann ich nichts Nützliches beitragen.
Markus Meister: Es sollte für alle Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit bestehen kostenlos das Internet zu nutzen. Jede Grundschule sollte die Möglichkeit haben und in der Lage sein Kinder mit der digitalen Welt vertraut zu machen und auf Gefahren hinzuweisen, aber gerade auch die Chancen auf eine freie und unbegrenzte Bildung für Kinder und Jugendliche hinzuweisen. Das Urheberrecht gehört komplett reformiert. Es kann nicht sein, dass Menschen kriminalisiert werden die Videos auf You-Tube runterladen von ihrer Geburtstagsparty und dann verklagt werden können, weil da irgendwelche Musikstücke im Hintergrund laufen. Wir dürfen Künstler, Musiker, Autoren und Wissenschaftler jedoch nicht vergessen. Auch ihre Rechte müssen gewahrt bleiben, damit freie Kunst und Kultur weiter möglich ist und nicht nur vom Kommerz und Sponsoren abhängig gemacht wird!
Claudia Roth: Die digitale Revolution stellt uns vor neue politische Herausforderungen und die sehr emotionale Debatte um das Urheberrecht ist ein Aspekt davon. Der Status Quo ist nicht zukunftsfähig, da er weder die Interessen von UrheberInnen noch der Allgemeinheit angemessen berücksichtigt und ausgleicht. Statt Kriminalisierung und Kontrolle der NutzerInnen brauchen wir neue Vergütungsmodelle für privat und nicht-kommerziell genutzte Inhalte, müssen über neue Einkommensmöglichkeiten für Kreative nachdenken, mehr Gerechtigkeit und Transparenz bei den Verwertungsgesellschaften schaffen und alternative Modelle, wie CC-Lizenzen oder alternative Verwertungsgesellschaften vorantreiben, sowie einen freien Zugang zu Wissen gewähren, der Menschen-, Bürger- und Freiheitsrechte wart.
Dass dies ein Thema im Wahlkampf sein wird und wir daran gemessen werden, zeichnet sich bereits ab. Im Unterschied zu anderen geht es uns um den echten Ausgleich der unterschiedlichen Interessensgruppen, der nicht daran rüttelt, dass wir einen UrheberInnenschutz brauchen – allerdings einen, der in unsere digitale Zeit passt. Die Kreativen dürfen nicht leer ausgehen. Ein zentraler grüner Reformvorschlag trägt deshalb die Überschrift: „Vergüten statt verfolgen".
Eine Weiterentwicklung von Pauschalvergütungsmodellen, wie wir sie etwa von Fotokopierern oder Leerkassetten her kennen, kann dabei eine wichtige Rolle spielen. Das ist auch ein Beitrag, um einem Abmahnwahnsinn ein Ende zu bereiten, der Hunderttausende vor allem junger Menschen juristisch bedrängt.
Als grüne Partei haben wir auf unserem Kieler Parteitag im November 2011 mit über 90 Prozent Zustimmung ein Grundsatzbeschluss gefasst, der sich insbesondere mit Fragestellungen des Urheberrechts im Zusammenhang mit dem digitalen Wandel beschäftigt. Auf dieser Grundlage will ich weiterarbeiten, um die Weichen für die Wissens- und Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts richtig zu stellen. Bereits jetzt findet bei uns ein intensiver Austausch mit allen Beteiligten, insbesondere auch mit Kreativen, KünstlerInnen und UserInnen statt. Wir wollen Brücken bauen und die unterschiedlichen Gruppen zusammen bringen und nicht gegeneinander ausspielen. Ein guter Schritt auf diesem Weg war auch unser Urheberrechtskongress, der weite Beachtung gefunden hat.
Franz Spitzenberger:
a) Hierzu habe ich Moment keine Meinung
b) Geistiges Eigentum gehört geschützt
c) Hierzu kann ich derzeit keine Aussage treffen.
Jürgen Trittin: Das Thema Urheberrecht wird imWahlkampf sicher eine wichtige Rolle spielen. Für mich ist klar: Künstlerinnen und Künstlermüssen von ihrer Arbeit leben können.Wir brauchen einen Ausgleich zwischen denen, die Inhalte produzieren und denen, die Inhalte konsumieren. Eine Pauschalvergütung kann in meinen Augen einen Ausgleich bieten. Im Urhebervertragsrecht brauchen wir eine Besserstellung der Künstlerinnen und Künstler. Halsbrecherische Klauseln, bei denen die KünstlerInnen schlecht wegkommen, darf es nicht länger geben. Im Wahlkampf werde ich mich für den Breitbandausbau engagieren, denn er ist die Grundlage für die digitale Gesellschaft. Außerdem werde ich mich weiterhin gegen Vorratsdatenspeicherung engagieren und mich für eine Open-Data-Offensive stark machen.
Werner Winkler: a) Ich würde auch hier dafür plädieren, dass wir in unserer Wahlkampagne durch vorbildliches Verhalten kommunizieren. Warum nicht z.B. eine Plattform auf den Grünen Seiten oder im Grünen Shop einführen, auf der Musiker*innen ihre Stücke hochladen und 50% des Honorars als Spende für ein selbstgewähltes Projekt abgeben können? Das Gleiche ginge mit E-Books, Fotos, Apps oder Klingeltönen. Indem wir zeigen, was geht, regen wir andere dazu an, es uns nachzutun – und nicht, indem wir in einer Rede etwas von anderen fordern.
b) Als Autor bin ich hier ziemlich nah am Thema und womöglich befangen. Mein Eindruck ist jedoch, dass die Qualität von kulturellen Erzeugnissen massiv sinken würde, wenn es gar keinen Schutz geistigen Eigentums mehr gäbe. Ich könnte mir vorstellen, dass es sinnvoller wäre, die Betroffenen ins Gespräch zu bringen als dass sich Politiker*innen und Jurist*innen hier die Köpfe zerbrechen. Wenn wir uns als Grüne innovativ ins Gespräch bringen wollten, müssten wir nur eine funktionierende Netzwährung anbieten, die es mit maximal drei Klicks erlaubt, für Kultur (auch für gute Artikel) Kleinstbeträge zu bezahlen; bisher scheitert das daran, dass die Kosten für die Transaktion selbst zu hoch ist. Hier könnten wir z.B. einen Wettbewerb ausschreiben und einen Preis aussetzen. Im Grunde wäre es hoheitliche Aufgabe der EZB, für eine funktionierende Netzwährung zu sorgen, die ohne Gebühren funktioniert.