Frage: Wir haben bereits beschlossen, das Ehegattensplitting verfassungskonform abzuschaffen und Familien mit Kindern besser zu fördern – unabhängig von der rechtlichen Konstellation, in der die Eltern leben. 2009 haben wir eine Kindergrundsicherung beschlossen, um im Familienlastenausgleich Familien mit Kindern zu stärken und wirksam gegen Kinderarmut vorzugehen. Wie wirst Du diese Forderung im Wahlkampf in die Öffentlichkeit bringen und welche Schritte schlägst Du bei einer Regierungsbeteiligung vor, um die Kindergrundsicherung durchzusetzen?
Antwort:
Katrin Göring-Eckardt: Die Kindergrundsicherung ist die richtige Antwort, weil sie die Kinder gleich behandelt und weil sie finanzierbar ist. Deshalb möchte ich im Wahlkampf für sie werben. Ich bin dafür, dass sie bei einer Regierungsbeteiligung umgesetzt wird – finanziert durch eine Abschmelzung des Ehegattensplittings, das ein Retro-Ehemodell subventioniert.
Patrick Held: Die Antworten von Patrick Held sind nur als .pdf verfügbar. Hier geht es zu seinen Antworten.
Nico Hybbeneth: Ich unterstütze die grüne Idee der Kindergrundsicherung. Allerdings bin ich für eine Neuauflage des Familienbegriffs. Familie heißt leben mit Kind und hat nichts mit Ehe zu tun. Mir ist es wichtig, dass vor allem mehr Geld an die Institutionen der Kinderbetreuung geht. Diese leisten oft hervorragende, aber tendenziell unterbezahlte Arbeit. Ihr Angebot für Kinder und Jugendliche muss gestärkt werden, damit Kinder (auch aus einkommensschwachen Familien) dort eine Anlaufstelle habe. Hierdurch kann den Auswirkungen von Kinderarmut effizient entgegengewirkt werden.
Roger Kuchenreuther: Kinder sind unsere Zukunft; Förderung muss staatlich garantiert sein, vorrangig den Kindern zukommen und flankierend durch weitere Fördermaßnahmen begleitet werden: Gesamtschule ganztags mit vegetarischer Biomittagsversorgung im gesamten Bundesgebiet, Schuluniform; Talentsuche und -förderung ab Kita, Interne Nachhilfe auch durch Schüler; Ferienlager in den Sommerferien für alle; ältere SchülerInnen betreuen Kleine und Jüngere.
Forderungen im Wahlkampf betreffend Kindergrundsicherung usw. müssen medienwirksam und emotional ergreifend vermittelt werden: kleine Kinder und Tiere werben für sich selbst, wenn wir ihnen dafür die Plattform bieten!
Renate Künast: Die Bekämpfung von Kinderarmut gehört zu den größten sozialpolitischen Herausforderungen unserer Zeit. Zwei Millionen Kinder und Jugendliche leben in Hartz-IV Haushalten. Ich will in einer Gesellschaft leben, der jedes Kind gleich viel Wert ist und nicht in einer, die wohlhabende Kinder bevorteilt. Die Kindergrundsicherung ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Ich möchte in unserem Wahlkampf deutlich herausstellen, dass das bestehende System der Ehe- und Familienförderung von gestern ist. Das heißt ganz klar: Weg von der Eheförderung durch das Abschmelzen des Ehegattensplittings und hin zur direkten Förderung von Kindern mit der Kindergrundsicherung. Klar ist aber auch: nur mit mehr Geld werden die Probleme der Kinder nicht gelöst. Wir brauchen vor allem mehr und qualitativ bessere Kitaplätze, um die Kinder optimal zu fördern. Das ganze Thema wird hoffentlich Bestandteil des 10-Schwerpunkte-Katalogs, den die Partei nächstes Jahr abstimmt. Ich setze mich jedenfalls dafür ein.
Alfred Mayer: Auf diesem Gebiet fehlt es mir an Grundinformationen, sodaß eine Stellungnahme nicht lesenswert wäre.
Markus Meister:Kindergrundsicherung muss das Ziel eines jeden vernünftig denkenden Menschen sein. Wir können es uns nicht leisten, dass auch nur ein Kind nicht die Möglichkeit hat, das Beste aus seinen Talenten zu machen und die daraus resultierenden Chancen nicht zu nutzen. Es gilt die Kinder zu fördern und die Leistung von Kindererziehung zu belohnen, nicht als Anreiz zum Kinderkriegen sondern als Förderung der Kinder. Wie gesagt, es darf kein Kind zurückbleiben und es muss alles getan werden, unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Elternhauses, dass Kinder möglichst chancengleich aufwachsen können. Die Kindergrundsicherung ist da ein richtiger Schritt und sollte auch nicht verhandelbar sein!
Claudia Roth: Fast jedes sechste Kind in Deutschland lebt in relativer Armut. Das gilt insbesondere für Kinder von Alleinerziehenden. 2 Millionen Kinder leben in Hartz-IV-Haushalten. Bei der Verwirklichung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Chancengleichheit von Kindern hinkt Deutschland im internationalen Vergleich weit hinterher. Hier müssen wir ansetzen und mit der sozial unausgewogenen und bei der Bekämpfung von Kinderarmut wenig effektiven Familienförderung von Schwarz-Gelb endlich Schluss machen. Deshalb haben wir die Kindergrundsicherung beschlossen, weil uns jedes Kind gleich viel Wert ist.
Ich will das Ehegatten-Splitting perspektivisch ganz abschaffen und es in einem ersten Schritt so weit es geht abschmelzen, um es in eine Individualbesteuerung mit übertragbarem Höchstbetrag zu überführen. Wie schnell uns das gelingt, werden die kommenden Jahre zeigen. Die damit entstehenden Mehreinnahmen müssen dann konsequent zur Förderung von Kindern und Familien investiert werden. Und das heißt für mich ganz klar, Förderung von guter Infrastruktur in Sachen Kinderbetreuung und Schulen, aber auch eine angemessene Transferleistung zur Verhinderung von Kinderarmut über eine Kindergrundsicherung. So kann perspektivisch eine echte Förderung von Familien mit Kindern und die Bekämpfung von Kinderarmut gelingen.
Franz Spitzenberger: Ich kenne das Model der Kindergrundsicherung nicht und kann es deshalb nicht beurteilen. Egal wie das Steuersystem nun konzipiert ist/wird, mit oder ohne Ehegattensplitting/Kindergrundsicherung, es muss eine klare Steuerregelung sein, mit einer gerechten, sozial ausgewogenen Besteuerung.
Jürgen Trittin: Deutschland hat im internationalen Vergleich sehr hohe Transferleistungen für Familien. Dennoch klafft nach wie vor eine große Lücke zwischen Kindern aus benachteiligten und gutsituierten Familien. Kaum eine Gesellschaft hat weniger Durchlässigkeit. Vorrang vor allen zusätzlichen Transferleistungen hat – da waren wir Grüne uns immer einig – der Ausbau von Infrastrukturen. Das Geld für das Betreuungsgeld beispielsweise wollen wir lieber in den Kita-Ausbau stecken. Denn mehr Kitas sorgen dafür, dass Mütter arbeiten gehen können. Berufstätige Mütter sind nicht nur das beste Mittel gegen Altersarmut, sondern auch gegen Kinderarmut.
Wir wollen, dass alle Kinder gleiche Startchancen bekommen. Dazu gehört auch, dass sie uns auch alle gleich viel wert sind, sie also auch gleich viel Geld vom Staat erhalten. Dieser Grundgedanke der Kindergrundsicherung ist wichtig und richtig – ihre Umsetzung ist aber teuer und die Gegenfinanzierung über das Abschmelzen des Ehegattensplittings nicht von heute auf morgen zu schaffen. Deshalb schlage ich vor, in der kommenden Legislatur einen Einstieg in die Kindergrundsicherung zu schaffen. So haben wir es auch in unserem Prioritätenpapier vereinbart.
Werner Winkler: Meines Wissens wurden Forderungen meist durch parlamentarische Mehrheiten durchgesetzt und nicht durch Forderungen im Wahlkampf – im Gegenteil: Forderungen und Versprechen, die vor Wahlen gemacht werden, haben eine extrem kurze Halbwertszeit.
Da ich im Moment die Meinung der SPD zu diesem Thema nicht kenne, muss ich leider passen und kann nicht abschätzen, wie hoch die Chancen bei einer rot-grünen Regierungsübernahme hier sind. Womöglich wird diese Forderung aber durch die Einführung des Grundeinkommens obsolet, das ja auch Kindern gezahlt werden könnte. Wenn eine umfassendere Lösung ein Teilproblem mit löst, sollte man aus meiner Erfahrung die Kraft eher auf die umfassende Lösung konzentrieren.