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Es sind die Grünen, die vor ihrer Tür kehren

Uns Grünen ging und geht es nicht nur um unsere Inhalte, sondern auch um die Form, wie wir Politik machen und wie wir sie erklären. Wir entwickeln unsere Positionen entlang unserer Werte und ja, auch entlang unserer moralischen Ansprüche. Und uns ist es wichtig, im politischen Diskurs redlich zu bleiben. Genau deswegen ducken wir uns auch nicht weg, wenn es schwierig wird. Wir ducken uns nicht weg vor der eigenen Geschichte und sagen:

Was in den 80er Jahren bei den Grünen und anderen Organisationen über Pädophilie gedacht, gesagt und debattiert wurde, was in unsere Programme Eingang fand und auf Parteitagen stattfand, das war schlimm. Es war falsch, schwerwiegend und irritierend, es waren Debatten, die völlig blind für die Opfer waren, so wie es die gesellschaftliche Debatte in dieser Zeit leider viel zu oft noch war.

Für uns Grüne ist es ein leidvoller Prozess, den wir mit der Aufarbeitung durch Franz Walter und sein Team nun angestoßen haben. Was dadurch aus dem Dunkel der Archive jetzt ans Tageslicht kommt, ist kaum auszuhalten und nur schwer zu verstehen – ganz besonders für all diejenigen, die den Geist aus der Zeit unserer Gründung nur aus Erzählungen kennen.

Aber wir Grüne haben uns entschieden, alles offen auf den Tisch zu legen. Ich will, dass kein Winkel unserer Partei unausgeleuchtet, dass kein Papier unbekannt und kein Name ungenannt bleibt. Das muten wir uns als Partei jetzt zu.

Wir Grüne müssen das aushalten, wir müssen ertragen, in eigene Abgründe zu sehen. Denn nur dann ist Aufarbeitung ehrlich, nur dann können wir unsere Verantwortung gegenüber den Opfern der Grünen Debatten und Haltungen in den 80er Jahren auch übernehmen. Erst, wenn wir die Schäden kennen, die wir als Partei tatsächlich angerichtet haben, können wir versuchen, sie irgendwie wieder gut zu machen. Wir haben unsere Fehleinschätzungen und Fehler von damals schon lange vollständig korrigiert, doch damit ist es eben nicht getan. Wenn wir wissen, was in den 80er Jahren wirklich in und im Umfeld unserer Partei passierte, können wir bei den Betroffenen ehrlich um Verzeihung bitten und angemessen reagieren. Entschuldigen für die kruden Forderungen und Irrungen tun wir uns jetzt schon.

Ich weiß, dass wir Grüne das alles auch schon viel eher hätten machen sollen und die Aufarbeitung erst sehr spät kommt. 30 Jahre danach, das ist eine sehr lange Zeit. Und ich weiß, dass es auch früher schon gute und richtige Gelegenheiten dafür gegeben hätte. Aber auch wir Grüne sind Menschen, mit eigenen Fehlern und Schwächen, auch wir Grüne mussten und müssen das zum Teil immer noch, erst lernen, unsere eigene Biografie zu hinterfragen. Manchmal braucht ein ehrliches sich Eingestehen der eigenen Irrtümer und eigenen Fehler Zeit.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, welcher Geist die damalige Zeit prägte. Gerade in Sachen Befreiung von Minderheiten, Frauen, Befreiung von Hierarchien, Repression und Doppelmoral. Ich bin ein Kind dieser Zeit und war seit Mitte der 70er Jahren im alternativen und Protest-Milieu nicht zuletzt mit Ton Steine Scherben unterwegs. Da war ich mittendrin in den Debatten um sexuelle Befreiung, um die Rechte von Lesben und Schwulen, um die Behauptung der Frauen und ihren Kampf gegen das Patriarchat. Das war damals die Zeit, als es noch als Kavaliersdelikt galt, wenn Frauen in der Ehe vergewaltigt wurden, eine Zeit, in der die körperliche Züchtigung von Kindern in Familien und in der Schule als gutes Recht angesehen wurde und in der Schwule Angst haben mussten, verhaftet zu werden, wenn sie sich zum Sex verabredeten. Für viele von uns waren diese Themen genauso wie der Umweltschutz, der Hauptwiderspruch oder das Wettrüsten wirkliche Herzensanliegen, so dass Anderes gar nicht in dem Maß beachtet wurde, wie es angemessen gewesen wäre. 

Und so frage auch ich mich, als jemand, die das Auftreten der Indianerkommune Mitte der 80er Jahre auf Bundesdelegiertenkonferenzen miterlebt hat und den Versuch der Pädophilen, Anerkennung bei den Grünen zu erlangen und damit ihre illegitimen politischen Forderungen zu legitimieren, warum wir die Dimension des Unrechts, die da geschah, damals nicht wirklich erkannt haben. Das ist im Rückblick für mich beschämend und nicht zu verstehen.

Als wir Prof. Franz Walter und sein Göttinger Demokratieinstitut um die wissenschaftliche Aufarbeitung gebeten haben, wussten wir, das würde nicht einfach werden. Und wir wussten, dass er keine Rücksicht auf uns als Partei und auf den politischen Wettbewerb, in dem wir stehen, nehmen würde, egal, ob gerade eine Wahl ansteht oder nicht. Aber genau deswegen haben wir gerade ihn ausgewählt. Weil wir keinen Hofberichterstatter wollten, sondern alles über uns und das gesellschaftliche Umfeld der damaligen Zeit wissen wollten, und nichts verbergen.

Wir als Grüne gehen, wie so oft, nicht den einfachen, sondern den ehrlichen Weg. Wir ducken uns nicht weg, wie das andere Parteien tun.  Auch der Kinderschutzbund hat sich nach den jüngsten Funden in seiner Geschichte sofort zu einer umfassenden Aufarbeitung entschieden. Ähnliche Schritte höre ich von anderen jetzt genannten Organisationen nicht.

Stattdessen versuchen einige jetzt auf durchsichtige Weise, dieses schwierige Thema im Wahlkampf für sich zu nutzen, wenn sie uns Grüne diffamieren und uns die Dinge vorwerfen, die wir selbst als Partei gerade ans Licht bringen lassen.   

Und eines muss ich schon ganz klar sagen: Von einem Philipp Mißfelder, der alten Menschen ihre Menschenwürde abspricht, oder von Alexander Dobrindt, der Lesben und Schwule offen diskriminiert und gegen Flüchtlinge hetzt, oder von Beate Merk, die unliebsame Menschen einfach in die Psychiatrie wegsperren lässt, müssen wir Grüne uns nicht sagen lassen, was Moral ist und gutes Handeln. Und eine Union, die über Themen wie Vergewaltigung, Sexismus und Kindesmissbrauch lange Zeit nur hinter vorgehaltener Hand sprechen wollte, aus deren Reihe Leute wie Gerda Hasselfeldt, Volker Kauder oder Horst Seehofer noch 1997 im Bundestag gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe gestimmt haben, und die als gesamte Fraktion noch im Jahr 2000 gegen ein Gesetz von Rot-Grün, das Gewalt in der Erziehung unter Strafe stellt, gestimmt hat und eine Union, die an alten, verkrusteten Machtverhältnissen zwischen den Geschlechtern so lange wie möglich festhalten wollte und will, von dieser Union müssen wir Grüne uns unsere Parteigeschichte und die gesellschaftliche Modernisierung der letzten 30 Jahre auch durch den Aufbruch der 68er nicht umdeuten lassen. Ohne die Offenheit der Grünen bei diesen Themen und ohne unsere Beharrlichkeit hätte sich an den gewaltsamen, patriarchalen Strukturen bis heute nur wenig geändert.  

Deswegen: Ein jeder kehrt vor seiner Tür. Und wir Grüne, wir tun genau das: schonungslos, offen und bis an die eigenen Schmerzgrenzen und manchmal weit darüber hinaus.

 

9 Kommentare

  1. Ich bin ehrlich schockiert, dass bei den Grünen der 80er Jahre Pädophile mehr oder weniger offen ihr Unwesen treiben konnten. Ich habe seit 30 Jahren die Grünen gewählt, ohne das zu ahnen. 

    Obwohl ich dieses Statement von Claudia Roth sehr gut finde, muss man sich doch wirklich fragen, warum man wenn man es doch ahnte erst auf die katholische Kirche eingehämmert hat und dann noch Monate brauchte, um diesen Professor zu beauftragen. Warum wurde nicht sofort analog zur katholischen Kirche Ombudsleute als Ansprechpartner für die potentiellen Opfer bestallt. und ähnliche organisatorische Maßnahmen getroffen. 

    Niemand braucht sich zu wundern dass die Grünen nun von der Häme der anderen überschüttet werden, die man hart kritisiert hatte, so als wäre man selbst eine integere moralische Instanz.

    • Lieber Robert,

      ich wundere mich nicht über die Häme der anderen Parteien. Ich lasse mir aber nicht abreden, dass wir dies anders machen, als die Anderen. Es war der Bundesvorstand, der die Studie in Auftrag gegeben hat, es waren die Grünen, die dafür gesorgt haben, dass dies nun alles ans Tageslicht kommt und nicht die Recherchen der taz!

      Wegen der katholischen Kirche: Ich finde man sollte hier schon sauber und korrekt bleiben und nichts einfach so durchmischen. Wir diskutieren hier bei den Grünen darüber, welche Auswirkungen die Debatte in den 80ern Jahren, die in linken Kreisen und auch innerhalb der Grünen stattfand, und womöglich auch Opfer hatte. Die katholische Kirche hat dagegen Schulen und Heime betrieben, in denen Kindesmissbrauch stattfand. Dies ist schon ein wichtiger Unterschied.

      Klar ist, nach der Aufarbeitung muss gesehen werden, welche Opfer es gab und wie man diesen helfen und Sie unterstützen kann. Dafür benötigt es aber erst einmal einer ehrlichen und grundlegenden Aufarbeitung.

  2. Es fällt mir schwer, mit meinen verschiedenen Rollen, die richtigen Worte hier zu finden. Umso mehr freut es mich, dass Claudia hier die richtigen Worte findet.

    Als Gründungsmitglied der Braunschweiger Grünen noch als Schüler, als früh aktiver bei den Tübinger Grünen als Student, habe ich diese Indianer auf Bundesparteitagen natürlich auch wahrgenommen – aber tatsächlich nur als Stör- und Nervfaktor, nicht als ernstzunehmende Gruppe die je eine Mehrheit finden könnte in der Partei, aber auch tatsächlich nicht als Missbrauchende. Gemeinschaften, in denen Missbrauch mit Gewalt und Zwang stattfand, wie bei der Chilenischen Colonia Dignidad, waren das viel offensichtlichere Problem.

    Ich habe die letzten Jahre, auch durch mein Engagement für http://gegen-missbrauch.de viele andere Eindrücke von Missbrauch sammeln können, gerade von Erwachsenen, die als Kinder gedrängt oder gezwungen wurden. Das schärft auch den Blick.

    H.Meier von der katholischen Emmaus-Kommune kannte ich damals nicht aber soweit ich sehe ist das bisher der absolut einzige Pädosexuelle der mit grünem Mitgliedsausweis (ja das hatten wir früher) bekannt geworden ist. Das macht seinen Fall und manche grün-alternativen Forderungen von einst nicht besser, aber es lässt mir, zumindest bisher, meine Perspektive. Die Demut, die Grüne in dieser Sache zeigen, stünde auch anderen gut zu Gesicht, die noch 1995 einen MdB im Bundestag die Vergewaltigung in der Ehe lautstark verteidigen liessen, die noch 1997, wie etwa Kauder und Seehofer und 100 andere Männer, für die Straffreiheit dieses Missbrauchs stimmten.

    Es ist gut, dass unsere Fehler aufgearbeitet werden und dass wir heute ansehen was wir, wie Jürgen Trittin einst im Programm der bunten Liste, damals nicht gesehen haben. Aber ich sehe keinen Grund für andere Parteien, uns deshalb nun mit Häme zu überschütten, wenn wir an uns die gleichen Massstäbe anlegen wie an andere – und wie andere es bei sich nie getan haben.

  3. Auch ich wähle schon lange die Grünen und werde sie weiter wählen,jeder Mensch macht Fehler,wenn er sie erkennt,früher oder später,und versucht sie zu korrigieren,ist das aller Ehren wert.Wie wir von den großen Parteien tagtäglich angelogen werden,muß ein Ende haben.Diese ganzen Amigos,sollte man abwählen…

     

  4. Auch ich wähle schon seit meinem 18 Geburtstag Grün, aber jetzt werde ich es nicht mehr tun. Ich finde es gut, das Claudia Roth hier einmal Stellung nimmt, aber mir fehlt immer noch eine aufrichtige Entschuldigungshaltung, die nicht "die andern aber auch" mit einschließt. Darum geht es nicht, dass andere ist Wahlkampf und das kann man sauber trennen. Aber das ein Volker Beck bis heute ohne Makel auf seinem Posten als Parlamentarischer Geschäftsführer sitzt, dessen Texte im Buch "Der Pädosexuelle Kompelx" bis heute zu beziehen sind, dass es da keine ernstzunehmende Entschuldigung gibt, das finde ich bitter. Nicht nur die Grünen haben an ihrer pädophielen Geschichte der 1970er und 1980er Jahre zu arbeiten, ebenso ergeht es der Odenwaldschule, der Jugendbewegung und dem Kinderschutzbund ebenso, wie die Schwulenbewegung, die ebenfalls lange von den Pädophilen unterwandert war (und ist?). Wenn man ernsthaft an Aufarbeitung und Entschuldigung interessiert ist, dann geht das nur, wenn man als aller erstes das Leid der Betroffenen anerkennt. Solange man dazu nicht bereit ist, belibt jeder Text makulatur! Und solange bei den jungen Grünen Forderungen wie "Keine Liebe ist illegal – weg mit dem Inzestparagraphen" kursieren, glaube ich, dass insgesamt noch sehr wenig verstanden worden ist.

    Daher wird meine Stimme diesmal einer anderen Partei gegeben, bis ich hier eine ernsthafte Änderung sehe.

    Und das nicht weil irgendwelche CDU Heinis jetzt meinen hier den moralischen Zeigefinger zu erheben, der ihnen nicht gut steht und der mich nicht beeindruckt.

     

     

  5. Es bedarf großer Stärke, Fehler zuzugeben und dazu zu stehen. Daran sollten sich andere Parteien eine Scheibe abschneiden, statt stur daran fest zu halten. Die Wende (Energiewende, Agrarwende, Hartz 4 Wende) ist überfällig und sollte nicht mehr länger durch Lügereien und Zudecken verzögert werden. Der Wähler ist nicht blöd und läßt sich nicht von solchen "Ablenkungsmanövern" davon abhalten, das zu wählen was er für richtig hält.

     

  6. Hallo, ich bin ja bereits mit der Pol,tik der Grünen groß geworden. Ich fand es damals prima, dass da mal jemand war, der nicht so fürchterlich alt und 'gediegen' aussah, wie die anderen der im Bundestag. Endlich…..frischer Wind! Endlich moderne junge Menschen! 
    Vor 30 Jahren haben auch die Politiker von heute (z.B. Hr. Tritin) andere Einstellungen, andere Werte, aber man(n) / frau entwickelt sich weiter, auch politisch. Unsere Werte verändern sich, das ist ganz normal. 
    Was wir vor 30 Jahren gedacht, oder getan haben muss nicht mehr mit dem konform gehen, wie wir heute denken, oder für was wir heute stehen. 
    Ich trage keinem nach, was er damals getan hat. Ich denke, da würden wir auch bei den anderen Parteien eine Menge finden können, wenn man dies nur wollte. 
    Wen interessiert das heute noch?
    Auch ich habe damlas noch anders gedacht, gehandelt usw. Wie Alle und Alles geht die Entwicklung weiter und das ist gut so!

    Was hätte Adenauer (CDU) dazu gesagt….'' Was schert mich mein Geschwätz von gestern?'' 

    Lasst sie alle reden. Geht euren Weg, so wie ihr das jetzt schon seit Jahren erfolgreich (mal mehr, mal weniger) tut!

  7. Ich als "Neu- Grüner" und junger Abiturient sowie dieses Jahr auch als Erstwähler bei der Bundestagswahl möchte meine Sicht kurz erläutern. Als schon immer grün denkender Mensch und mit Familienmitgliedern, die einiges aus dieser Anfangszeit der GRÜNEN zu berichten haben, bleibt mir als Eindruck die besondere Atmosphäre, der Flair dieser damals neuen politischen Bewegung, welcher mindestens in meiner Vorstellung diese "wilden" Anfangsjahre geprägt hat. Und als junger Grüner, der bisher ohne das Wissen um dieses dunkle Kapitel in der Parteigeschichte zurückgeschaut hat, gar mit Begeisterung und Bewunderung auf diese Generation der Freiheits- und Friedensaktivisten, der Alternativen, den Protestbewegungen und den Umweltaktivisten geschaut hat, ist natürlich das Wissen um ein solches Geschehen in einer (in der Vorstellung möglicherweise stark idealisierten) Bewegung um so schwieriger zu verstehen. Und auch deshalb und als jemand, dem direkte Demokratie und Transparenz besonders am Herzen liegt, möchte ich meine Unterstützung für den jetzt von den GRÜNEN gewählten Weg der unabhängigen Aufarbeitung dieser eigenen Geschichte ausdrücken. Ich werde mich, wie es, wie ich finde, meine Pflicht ist, mit der Parteigeschichte meiner Partei noch kritischer auseinander setzten müssen und einen politischen Standpunkt vertreten der unseren "Grünen" Werten entspricht. Der nun von der Partei gewählte Weg ist aus meiner Sicht richtig und ein klares Bekenntnis zur eigenen Verantwortung, zur Transparenz, zum Recht auf Informationen und ganz klar ein Statement gegen Vertuschung und Lüge, wie wir es im politischen Geschehen in der Vergangenheit häufig beobachten konnten. Ich schließe mich, soweit ich das beurteilen kann und mir das möglich ist, zu 100% den Worten Claudias an. Ich hoffe ebenso auf eine vollständige, unabhängige Aufarbeitung.

  8. Wer sich in den 80er Jahren auf einem Irrweg befunden hat, kann heute ein besseres Beispiel leben. Aber genau das machen die Grünen halt nicht. Die Ablehnung der Anlaufstelle durch die Parteispitze ist eine krasse Missachtung der Opfer. Empathie gibt es bei den Grünen immer nur für die Opfer der anderen.

    Was aus meiner Sicht besonders schwer wiegt, ist nun, dass die Indizienkette geschlossen ist. Trittin kann sich jetzt nicht mehr darauf zurückziehen zu sagen: Das waren die anderen, ein paar Spinner in den ersten fünf Jahren Parteigeschichte. Er war es selbst, der verantwortlich zeichnete für ein Papier, in dem die Straffreiheit von Kindersex gefordert wurde. Dass ihm diese Sache "durch die Lappen gegangen ist", glaube ich nicht. Dafür war diese Sache damals ideologisch viel zu aufgeladen. Was mich zum nächsten Punkt führt: Die Legalisierung von Pädophilie als Forderung in grünen Wahlprogrammen war womöglich mehr als das Ergebnis von geschickter Lobbyarbeit seitens der Pädo-Gruppen. Was zutage kommt, ist ja, dass ganze Landesverbände die Straffreiheit von Kindersex gefordert haben, dass dies auch auf den ersten Bundesparteitagen diskutiert wurde, samt Rede- und Antragsrecht für speziell dafür gegründete AGs ("Schwup"). Daniel Cohn-Bendit hat dazu mindestens einen missverständlichen Text verfasst, und nun soll auch Jürgen Trittin die Straffreiheit von Pädophilie gefordert haben. Wir reden nicht über irgendwelche Leute, die sich aktiv auf diesen Irrweg begeben haben. Der dritte Punkt: Es ist gar nicht relevant, ob es ein direktes Opfer der Trittinschen Verirrungen gab. Das wäre ungefähr so, als ob man den NSA-Skandal nur dann doof finden darf, wenn konkrete Fälle von Bespitzelung offenbar und einklagbar werden. Es geht um das Klima, das Politiker wie Trittin damals befördert haben. Es hat dazu beigetragen, dass sich ein Pädophiler bei den Grünen offenbar so sicher fühlen konnte, dass er als Landesvorstandsmitglied kleine Jungs missbrauchen konnte. Trittin und andere haben so dazu beigetragen, dass Pädophile jahrelang eine politische Heimat finden konnten.

    Gleichzeitig findet es die Grüne Jugend "lächerlich", eine Anlaufstelle für Opfer der grünen Pädophilie-Verfehlungen einzurichten. Die ständige Verdrängung von Fehlern und Verächtlichmachung von Opfern — das ist der eigentliche Skandal in dieser Sache. http://www.taz.de/Diskussion-um-Paedophilie/!123714/